Ich möchte noch einen Text von gestern einfügen, weil er mir wichtig erscheint, ich glaube das gestern ein guter Tag war, trotz der Tränen. Aus einer Krise heraus den Weg zu sehen und nicht nur sinnlos herum zu stolpern, ist eine Leistung und ich bin stolz auf mich und die Menschen die mich an diesem Tag begleitet haben. Ich danke euch
Wie oft habe ich mir als Kind gewünscht, ich wäre nicht geboren worden. Wie oft versteckte ich meine Verletzungen vor anderen oder sagte, ich bin gegen eine Türe gelaufen. Irgend wann habe ich gelernt mein Gesicht zu verbergen, flüchten vor diesen Situationen konnte ich nicht, dass hätte sie nur noch wütender gemacht.
Ich malte irgendwann als ich so 9 bis 10 war ein Bild, es war eines meiner ersten Collagen, die ich in späteren Jahren mit einem Grafikprogramm erstellte. Auch wenn ich in der Schule meistens alleine war, war es der Ort meiner Ruhe, meiner Entfaltung. Die Kunstlehrerin war begeistert und ich glaubte ihr.
Daheim angekommen, zeigte ich mein Kunstwerk voller Stolz. „Das hast du niemals gemalt, du kannst ja noch nicht mal vernünftig schreiben, zeig mir deine Hefte“. Ich wusste, was auf mich zukommt, viele Stunden würde ich wieder sitzen und alles neu schreiben müssen, meine Hand würde sich verkrampfen und ich würde nach Möglichkeiten suchen, dem Krampf zu entrinnen. Zwischendurch würde sie aus der Küche kommen und die Angst würde in mir hochkriechen, dass ich wieder von vorne beginnen müsste, die Hefte und Bücher würden durch das Esszimmer fliegen und das Aufheben würde mit Tritten und Schlägen unterstützt. Wie immer, würde ich versuchen, die Tränen zu unterdrücken, weil sie dadurch nur noch wütender würde.
Warum nur habe ich ihr dieses Bild gezeigt?. Doch diesmal war es schlimmer. Sie hatte schon diesen Blick , der nichts Gutes verhieß. Bestimmt hatte sie sich wieder mit Papa gestritten und an solchen Tagen musste ich vorsichtig sein. Sie rief Papa herbei. „Schau dir dieses verlogene Stück an, sie behauptet, sie hätte es gemalt. So viel Unverfrorenheit ist mir noch nie begegnet.“„Lass sie doch in Ruhe „, entgegnete er schwach und goss sich einen Schnaps ein.
Ich bebte innerlich, spürte wie die Angst immer stärker wurde, schrieb die Seiten weiter ab, vielleicht würde sie sich beruhigen, sicher würde sie sich beruhigen, wenn ich sorgfältig arbeiten würde, ganz gewiss, bestimmt. Gab es keinen Grund dass sie in ihr Zimmer raufgehen könnte, könnte jetzt nicht einfach das Telefon klingeln, sehnsüchtig wartete ich auf den Ton oder die Türklingel, wenn jetzt einer käm müsste sie sich zusammen reißen und vielleicht würde ihre Wut vergehen oder wenigstens milder nicht mehr so heftig. Sie würde das nicht vergessen, das war mir klar aber vielleicht etwas beruhigen.
Bitte lieber Gott nicht heute. Wie aus der Ferne hörte ich ihre Stimme , die erste Ohrfeige überraschte mich, ich hatte sie nicht bemerkt und den Kopf nicht drehen können. Sie schaffte es immer wieder meine Nase zu treffen, sofort blutete sie und tropfte aus das Heft. Ich würde es noch einmal neu schreiben müssen. Ich traute mich nicht aufzublicken, riss selber das Blatt heraus und hielt mir die Nase zu damit es aufhörte zu bluten.
„Geh ins Badezimmer und wisch dir das Blut ab“, hörte ich sie sagen. Hoffentlich folgte sie mir nicht, bitte lass sie da bleiben, in der Zwischenzeit würde sie sich etwas beruhigen. Ein leichter Blick ging zu Papa rüber, bitte lass ihn nicht zu betrunken sein, bitte lass ihn doch etwas sagen, doch er schaute an mir vorbei, „Nun geh schon, mach was Mama sagt“
Der Tag war kein Tag der Erbarmen zeigte, warum war ich nur so dumm gewesen. Ich ließ das Wasser aus dem Hahn der Badewanne fließen, mir schossen die Tränen aus den Augen, oh Gott jetzt hör auf zu weinen, wenn sie das sieht, dreht sie ab.
Zu spät, sie stand schon hinter mir, drückte mir den Kopf unter dem Wasserhahn, meine Stirn knalle bei dem Versuch Luft zu bekommen, gegen den Hahn. Ich schrie leicht auf und versuchte sofort das wimmern zu unterdrücken. Wie immer wenn sie außer Kontrolle geriet, zog sie ihren Schuh aus und prügelte auf mich ein. Es spielte für sie keine Rolle wo sie traf.
Bitte Papa, komm doch und hilf mir, bitte irgend jemand, warum klingelt es denn nicht. Bitte ich möchte fort von hier. Mein Hals schnürte sich zu und der Kloß ließ sich nicht herunterschlucken.
Sie zerrte mich ins Esszimmer, holte Papier und Stifte,“ hier mal es noch mal, ich werde deinem Vater beweisen, wie verlogen du bist, wie sehr du deiner Mutter ähnelst, fang an oder muß ich dir erst Beine machen. Meine Hand zitterte, ich konnte den Stift kaum noch halten, rutschte immer wieder ab. Wenn ich jetzt sagen würde, es geht nicht, hätte sie Recht, dachte ich. Verzweifelt versuchte ich mich zu beruhigen, doch es gelang mir nicht. Die Schläge auf dem Hinterkopf wurden härter, es ging nicht mehr , die Tränen flossen. „Hör auf mit den Krokodilstränen, das hättest du dir vorher überlegen müssen, jetzt mach schon“. Alles in mir verkrampfte sich, mir war speiübel. Könnte ich doch jetzt nur ohnmächtig werden, einfach umfallen, könnte ich diesen Schlägen ausweichen, dachte ich.
Sie holte den Kochlöffel und legte ihn neben mir. Oh mein Gott, verdammt, wieso konnte ich nicht einfach meinen Mund halten, ich war doch selber schuld, warum nervte ich und provozierte sie.
„Das ist also der Dank, dass wir dich groß ziehen, dass wir dir zu fressen geben, du ein Dach über den Kopf hast. Wir hätten dich am besten da gelassen, wo du hingehörst. Bei Webers sind Schweine, wir sollten schauen , ob wir da einen Raum für dich finden, du hast nichts anderes verdient“. Die Stimme hörte ich wie aus der Ferne, es waren bekannte Sätze , die ich auswendig aufsagen konnte. Ich hörte mich mechanisch, ja Mama, sagen.
Papa öffnete seine nächste Flasche Bier, von ihm konnte ich keine Hilfe erwarten. Die Zeit schien still zu stehen ,ich hörte das Ticken der Küchenuhr, obwohl ich nicht aufschaute, spürte ich sie neben mir stehen, konnte die Konturen des Kochlöffels erahnen. Bitte nicht auf den Kopf, bitte heute nicht auf dem Kopf. Ich schielte um die Größe festzustellen, es war der große, der würde nicht kaputt gehen. Letzte Woche wurde er neu gekauft, ich sollte mir einen neuen aussuchen, weil der alte Kaputt gegangen ist. Weil ich mir den kleinen ausgesucht hatte, nahm sie den größten. Ich überlegte ob dieser in der Lage war, so zu treffen, dass ich umkippen würde oder wenigstens so dass es danach nicht mehr weh tat.
Den Stift hatte ich inzwischen bei Seite gelegt, ich schaffte es einfach nicht und war wütend, dass ich es nicht beweisen konnte. „Ich wusste es doch, sagte sie.“ Aus dem Augenwinkel sah ich wie Papa sich die nächste Zigarette anzündete und mit den Schultern zuckte. „Du sollst nicht lügen, Kind, habe ich dir das nicht beigebracht. Es ist eine Sünde. Geh in die Ecke“.
Ich kniete mich in die Ecke, die Hände hinter dem Kopf verschränkt und hoffte, ich bräuchte nur dort bleiben, nichts weiter würde geschehen, dürfte danach in mein Zimmer, doch es war nicht mein Tag, ganz und gar nicht. Der Körper schmerzt , wenn man eine Zeit lang so gekniet hat, egal wie man sich bewegt, man spürt jeden Muskel.
Die Schläge trafen mich immer und immer wieder, die Nase begann wieder zu bluten. Ich vergrub meinen Kopf zwischen die Arme und rollte mich ein. Die Tritte in den Bauch ließen mich würden.
Irgendwann wurde ich wach, ich traute mich nicht die Augen zu öffnen. Vielleicht war das alles nur ein Traum, nur ein böser Trau. Jede Bewegung tat mir weh. Warum nur, warum war das alles so grausam, warum bin ich wieder wach geworden, warum konnte ich nicht einfach weiter schlafen, warum hat man mich geboren.
Ich schaute blinzelnd zur Decke, einmal das eine Auge geöffnet dann das andere, drehte den Kopf schwerfällig zur Seite. Es war noch Tag , die Sonne schien ein wenig, lauschte in die Stille hinein ob ein Geräusch zu hören war. Als die Treppenstufen knarrten, presste ich die Augen zusammen und hoffte man würde mir glauben , dass ich schlief.
Die Tür öffnete sich, hier trink das, ich zuckte bei der Berührung zusammen, doch Papa ignorierte es. Er gab mir einen Kühlbeutel und sagte , „ich hoffe es war dir eine Lehre. Du gehst morgen nicht zur Schule, wirst mir bei den Kartoffeln ernten helfen. Kämm dir dein Haar, deine Mutter möchte dich unten sehen, beeil dich, damit sie nicht wütend wird. Du hast genug heute angerichtet.“
Ich wälzte mich schwerfällig aus dem Bett, mein Kopf dröhnte und ich fühlte mich leer und ausgebrannt, dachte nicht mehr nach das wäre eh sinnlos gewesen. Leise ging ich die Treppenstufen herunter, Mama mochte es nicht wenn ich zu sehr polterte. Beide saßen am Küchentisch und schauten mich an.“ Hast du uns irgendwas zu sagen“, fragte Mama.
Es tut mir leid, ich habe gelogen, es wird nicht wieder vorkommen, bitte verzeiht mir, hörte ich mich sagen, ich hab euch lieb und ich werde mich bessern versprochen.
„Ich habe mir überlegt, was du als Strafe bekommst“, sagte Mama und goss sich einen Schnaps ein. „Geh aber erst mal spülen und setz die Kartoffeln auf, die musste ich selber schälen und du weißt das ich dazu kaum Zeit habe, schäl schon mal die Zwiebeln , aber lass sie nicht anbrennen, stell den Herd nicht so hoch, danach kannst du schon mal die Koteletts panieren, nimm aber nicht wieder soviel Salz und vergiss nicht schon wieder das Salz in den Kartoffeln. Halt deinen Schädel zusammen, fürs Lügen bist du ja auch nicht zu blöd“
Ja, Mama
Sie geht zur Schule mit dem Mittagessen was sie eingepackt hat
Niemand weiß, was sie zurück hält
Sie trägt das selbe Kleid was sie gestern trug
Sie versteckt ihre blauen Flecken mit Leinen und Spitze
Die Lehrerin wunderte sich, aber sie fragte nicht nach
Es ist schwer hinter einer Maske den Schmerz zu erkennen
Sie trägt die Last eines geheimen Sturmes
Manchmal wünschte sie, dass sie niemals geboren wäre
Ref: Durch Wind und Regen
ist sie hart wie Stein
In einer Welt aus der sie nicht auferstehen kann
Aber ihre Träume geben ihr Flügel
Und sie fliegt zu einem Ort an dem sie geliebt wird
Engel aus Beton
Jemand weint mitten in der Nacht
Die Nachbarn hören es, aber sie löschen das Licht
Eine zerbrechliche Seele die in den Händen der Verhängnis gefangen ist
Wenn der Morgen kommt, wird es zu spät sein.
Ref: Durch Wind und Regen
ist sie hart wie Stein
In einer Welt aus der sie nicht auferstehen kann
Aber ihre Träume geben ihr Flügel
Und sie fliegt zu einem Ort an dem sie geliebt wird
Engel aus Beton
Bridge: An einem schattigen Platz steht eine Statue
Ein Engel mit aufgeschwungenem Gesicht
In einen polierten Stein ist ein Name geschrieben
Ein gebrochenes Herz, das die Welt vergisst.
Ref: Durch Wind und Regen
ist sie hart wie Stein
In einer Welt aus der sie nicht auferstehen kann
Aber ihre Träume geben ihr Flügel
Und sie fliegt zu einem Ort an dem sie geliebt wird
Engel aus Beton
Hinterlasse einen Kommentar