Normalerweise bin ich eine doch ( Eigenlob stinkt ich weiß) humorvolle und
versuchsweise verständnisvolle Mama. Ich habe heute sehr lange und wie schon lange nicht mehr sehr intensiv in einem Tagebuch gelesen. War irgendwie total aufgewühlt und das Mädel dass ich mit den folgenden Zeilen
( vielleicht auch sinnloses Gebrabbel ) ansprechen möchte wird es merken und auch hoffentlich fühlen was ich damit ausdrücken möchte.
Ich war eines der ängstlichen vorsichtigen keiner liebt mich Teenager.
Immer auf der Suche nach Bestätigung, kein Vertrauen zu irgendeinem und
schon gar nicht zu meiner Ma. Ich ließ es nicht zu dass sie mir zu nah kam , eben weil ich der Meinung war sie hätte es nicht verdient, nie stärkte sie mein Selbstvertrauen sei es weil ich meinen Dady mehr liebte, sei es weil sie es nicht konnte.
Er hörte zu , er verstand mich. Als er an Krebs starb zerbrach auch das letzte Fünkchen Zusammenhalt zwischen mir und ihr. Fast 4 Jahre trennten
sich unsere Wege. Ich wollte erwachsen werden , meinen Weg finden.
Und ich wurde erwachsen. Irgendwann hatte klick gemacht. Natürlich brauchte ich noch einige Zeit meinen Weg zu finden, doch ich fand ihn.
Vorher waren es immer nur die Vorwürfe über mangelnde Liebe meiner Mutter mir gegenüber und nur darum wäre ich so geworden. Immer war sie alles
Schuld. Ich wollte sie bestrafen und bestrafte mich selber. Sehr früh , ich war gerade 18 wurde ich schwanger und verlor das Kind. Aus meiner
näheren Umgebung hörte ich nur die Worte , das war gut so. Was hättest du
mit einem Kind anfangen sollen.
Nachdem ich dann verheiratet war, wünschten wir uns ein Kind. Doch uns
wurde gesagt, dass dies dann doch nicht klappen würde. Es wäre schlichtweg
unmöglich. Ich weiß heute nicht mehr wie, aber ich fand mich mit dem
Gedanken ab, obwohl Kinder von früh auf eine Faszination auf mich
ausübten, ebenso wie der Drang hilfsbereit zu sein.
Ich wurde nach einigen psychosomatischen Störungen schwanger. Irgendwie
war ich nun in der Lage mit Ma wieder Kontakt aufzunehmen. Wir versöhnten
uns und sie wurde eine großartige Oma. Es war plötzlich der Mensch den ich
noch nie so erlebt habe, dieses Verständnis diese Güte, die ihr in unserem
Familienkreis immer erhalten geblieben ist, vor allem Jasmin gegenüber.
Sie gurkte mit der „Kleinen“ Tag und Nacht durch die Gegend, hatte für
jede Laune des Mädels eine Erklärung.
Ich wollte alles anders machen, Jasmin nicht durch die Qualen einer
autoritären Erziehung schicken. In den ersten 2 Jahren hatte ich noch
viele Ideale, war auf dem absoluten Summerhill Trip. Gott sei Dank kehrte sich
das in eine doch recht vernünftige Erziehung um.
Nachdem Jasmin sich artikulieren konnte begannen die Gespräche. Durch die
schwere Schwangerschaft und die Gefahr des Krippentods im ersten Jahr
wurde unsere innere Nabelschnur nie durchtrennt ( erkenne heute bei den
Zwillingen wie wichtig dies ist, bei denen werde ich schon mehr
Schwierigkeiten bekommen, aber darüber einmal später).Wir gewöhnten uns an
über jedes noch so kleine Problem zu reden. Dadurch war ich bis in die
Pubertät hinein in der Lage sie zu verstehen im wahrsten Sinne des Wortes.
Doch hinzu kam eine große Portion von Unverständnis. Die Klagen der vielen
anderen Eltern ihre Kinder würden keine Grenzen einhalten, würden lügen,
man käme nicht mehr an sie heran, wollten mir eigentlich nicht in den Kopf.
Manchmal dachte ich, „wollen sie sich wichtig machen, so kompliziert sind
die Kiddies doch gar nicht“ . Mit dir redet doch jeder dieser Kids. Sie haben
doch recht gute Argumente und sind zeitweise doch auch sehr aufgeschlossen
neuen Ideen gegenüber. Und sonnte mich in dem Schein eine doch recht gute
Teeny Mama zu sein.
Dann starb Ma im Februar. Mensch es hätte mir auffallen müssen, dass
Jasmin mir nur was vorspielte. War es die Beschäftigung mit mir selber
oder einfach die Idee, das Mädel ist eigentlich schon recht eigenständig
und vernünftig für ihr Alter, ja eigentlich zu weit, zu aufgeklärt , zu
sehr schon ans Erwachsenenleben orientiert.
Doch sie war es nicht. Das einzigste Glück dass ich hatte, es war für sie
nie ein Problem irgendeinen Bockmist den sie veranstaltete mir auch
brühwarm zu erzählen.
( Hab mir insgeheim manchmal gewünscht sie würde es nicht machen um auch
mal so richtig lostönen zu können).
Sicherlich sie war launisch himmelhochjauzend , zu Tode betrübt, aber das
gehört nun mal dazu ( und ausserdem wars bei mir ebenso). Wir waren immer
in der Lage das auch dementsprechend abzuarbeiten, was nicht heißt dass
hier auch schon mal die Türen geknallt wurden, ich mal wieder eine Runde
um den Block drehte um mir darüber klar zu werden ob ich richtig reagiert
hatte. Doch wir fanden immer wieder recht schnell zueinander . Dachte ich.
Welch eine Scheinwelt.
Kurz vor den Ferien eröffnete mir meine „Große“ dass sie Drogen gekauft
und auch konsumiert hätte. Ich weiß noch dass ich sie lange anschaute und
ihr erklärte dass ich erst mal darüber nachdenken müsse. Meine Gefühle
spielten verrückt, meine Halbschwester war 2 Jahre heroinabhängig und alle
Alarmglocken schellten. Irgendwas war in den letzten Monaten quer
gelaufen, doch ich war mir zu der Zeit nicht im Klaren darüber wo.
In langen Gesprächen ohne Vorwürfe kam dann die Suche nach Bestätigung,
Zusammenhalt , dazugehören , nicht aussen vor stehen, „Ich bin jung und
will meinen Spaß“, ich will nicht schon lebendig begraben sein“ zum
Vorschein. Ihr fehlte was, es war meine uneingeschränkte Liebe. Sie fühlte
sich einfach zu sehr unter Druck gesetzt, sie war immer die Vernünftige,
die Liebe , das Vorzeigemädel, zwar zickig , knatschig , albern , aber
irgendwie 100 % geliebt von mir und von ihrer Oma. Sie brauchte nie den
Gruppenzwang, war in gewisser Weise auch herbeierzogenes Selbstbewußtsein.
Immer wieder wurde ihr in der Zeit des Sichfindens erklärt wie wunderschön
sie sei , trotz ihrer Meinung nach zu großen Nase der Zahnlücke, den etwas
größeren Po.
In der Zeit des Verabschiedens von den Drogen und den
dazugehörigenden „Freunde“ ,( ich habe ihr trotz allem nie den Umgang mit
Ihnen verboten), fuhr ich mit ihr zu Menschen die Drogen genommen haben.
Anfangs war sie mir recht böse, da es eine Abmachung zwischen uns war
Probleme nie bei anderen zu besprechen und sie grundsätzlich nirgendwo in
einem ihrer „Meinung nach“ schlechtem Licht zu stellen. Ich verstieß gegen
diese Regelung und sie war wütend. Doch allmählich war sie aufgeklärt über
Preise , Zusammensetzung und vieles mehr. Mußte es mir danach stundenlang
anhören, wie was und wo, welches Feeling bei wem usw.
Ende des Sommers fand ich den letzten Joint. Sie wußte dass ich auch gegen
die Regelung ihr Zimmer zu durchschnüffeln verstoße, doch sie wußte auch
warum. Einfach die scheiß Angst einer Mutter die falschen Schritte
einzuleiten und die absolute bedingungslose Liebe zu dem Kind.
Auch heute
bin ich noch der Meinung dass ich mir damals das Recht nehmen durfte.
Doch das „Schlimmste“ stand uns noch bevor. Da Jasmin sich nicht nur dazu
entschlossen hatte mit dem Mist aufzuhören, sondern auch sich von den
Menschen die sie und wie sie mir erklärte 5. Klässler dazu brachte
irgendwas zu schmeißen , fernzuhalten durchlebte sie eine wohl für sie
sehr bittere Zeit. Sie wurde von denen beschimpft , bis nach Hause
verfolgt, Telefonterror und Mobbing folgten.
Zu dieser Zeit weinte sie viel , kotzte mich wegen Kleinigkeiten an, war
agressiv den Kleinen gegenüber und erzählte es mir dann irgendwann einmal.
War ich vorher schon meine Meinung auch die Schule zu benachrichtigen ,
stand sie zu diesem Zeitpunkt fest.
Ich nahm mir erstmal den Kern vor. Ging zu den Eltern ( sie wußten von dem
Problem hatten aber keine Möglichkeit mehr mit ihrer 15 jährigen Tochter
zu kommunizieren, das Kind war ihnen aus den Händen geglitten, sie baten
mich darum mit den Lehrern zu reden, welch eine Ironie).
Ich stellte Jasmin frei ob sie mit geht oder nicht. Es war schwer für das
Mädel , sie mußte erstens zugeben dass sie selbst involviert war und 2.
dass sie nun gewaltige Probleme hatte. Das Mädel dass sonst in der Lage
war jeden Lehrer in den Wahnsinn zu treiben mit ihren Bemerkungen, bei der
Silentium ein Alltagsbegriff war, brauchte die Hilfe der Lehrer. Sie
meisterte es großartig.
Inzwischen ist sie wieder voller Selbstvertrauen, bekämpft wieder alle
Arten von Drogen , selbst Zigaretten sind für sie wieder ein rotes Tuch,
akzeptiert nicht wenn sie wie sie sagt kleine Knilche mit einem
Glimmstengel sieht. Sie erklärte mir, Ma ich geh meinen Weg und keiner
wirklich keiner bringt mich davon ab. Sollen doch unsere Negativos reden
und tun was sie wollen. Ich bin ich und ich bin gut so.
Ich danke dir mein Mädel – auch wenn ich insgeheim noch immer Angst habe.
Natürlich gibt es schlimmere Fälle und manch einem mag das doch noch recht
harmlos erscheinen. Doch hier gehen einige der nicht so umgänglichen
Jugendliche ein und aus. Und eins gib ich der Bande grundsätzlich mit und
das aus innersten Überzeugung.
Du bis Du
und Du bist wunderbar
und jeder der was anderes sagt ist einfach nur
gaga.
Schau in den Spiegel , schau in deine Augen
liebst du dich
sag nur einfach ja
schrei es hinaus
wiederhol es so oft du kannst
und es ist wahr
weil du bist du
und du bist wunderbar
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