Es war wieder einmal die Tage in der sie dachte sie findet kein Anfang und kein Ende , lag auf ihrem Bett und wollte nur noch weg , weg von den Tränen , weg von dem ganzen Schmerz. Einsamkeit ihrer Kindheit kroch wieder in ihr hoch , der Kloss der im Hals stecken bleibt und man das Gefühl hat zu ersticken. Sie wollte sich nicht mehr erinnern alle Gedanken aus ihrem Gehirn verbannen. Dieser Schmerz der real zu werden scheint, wie ein Gespenst ein Ungeheuer das sich neben ihr setzt und sie zurück in die Dunkelheit holen will.
Sie biß sich auf die Hand aber auch das half nichts.
Als Kind ist sie in einem Fluß einmal beim tauchen unter einem Boot gekommen und fand den Weg nicht heraus. Die Panik kroch in ihr hoch und sie suchte einen Weg zum befreienden Atmen. Genau so ist das Gefühl was sie hatte , sie wollte atmen aber meinte jeden Moment ersticken zu müssen, ersticken in den Tränen , ersticken in den Gedanken der Vergangenheit.
Warum war sie hier , warum nur konnte sie nicht so sein wie all die anderen um sie herum ohne das Gefühl wahnsinnig zu werden.
Sie zog sich an und verließ das Haus. Ihr Weg führte sie zum Friedhof. Als Kind lief sie immer sehr schnell an ihm vorbei , er machte ihr Angst . Sie fand im Dunkeln den Weg zum Grab und zündete eine Kerze an und erkannte ausser der Rose auf dem Grabstein noch zwei Tauben und wußte beim besten Willen nicht mehr ob sie schon immer da waren , aber das musste ja so sein.
Die Bäume unter denen sie schon oft gesessen hatte waren auch nicht mehr ihre Freunde , sie fand keinen Trost bei ihnen , konnte sich nicht hinaufschwingen. Ebenso leuchteten die Sterne nicht, der Mond hatte sich versteckt, die Nacht war trübe.
Inmitten dieses Friedhofes steht ein grosses Kreuz und wie in der Kindheit stand sie davor und bettelte um Erlösung , bettelte endlich befreit zu werden aus den Tränen und der Verzweiflung , den Kloss nehmend. Warum nur , warum hat sie die Tür hinter sich zugemacht , warum kann sie nicht zurück in diese erlösende Ruhe.
Ja sie hat ihr verziehen , denkt mit Ruhe an ihr, gönnt ihr ihren Frieden , den Frieden den sie sich wünscht gibt sie ihr zurück. Doch damit öffneten sich die anderen Schleusen , wie eine Talsperre die zu schnell geöffnet wurde.
Nein sie wollte das alles nicht mehr , sie wollte eine ganz gewöhnliche Krankheit haben, Medikamente die heilen und gut würde alles. Aber auch das wird ihr verwehrt, sie durchlebt jede einzelne Stunde und spürt jeden einzelnen Stich. Empfindet ihre Flucht weg immer und immer wieder.
Wie gerne würde sie jetzt fliegen , weit weg , doch wer gibt ihr Flügel , sie fühlt sich so schwer , so unendlich schwer.
Schutz sucht sie da wo sie schon immer hingegangen ist , ihren Schutz und ihre Wut, warum nur , warum noch einmal , sie wollte es nicht mehr , nie wieder wollte sie das fühlen.
Ist das wirklich ihr Preis , weil sie sich nicht gewehrt hatte und wenn sie sich wehren soll , gegen wen jetzt . Ihr bleibt doch auch jetzt nichts anderes übrig als stillzuhalten bis es vorrüber ist, einfach wieder stillhalten und durchhalten , aushalten. Sie fühlt sich so unendlich müde , geschlagen , zertreten , zerrissen und alleine.
Auf der Strasse sieht sie die Lichter der Autos an ihr vorbeiziehen. Wieder glänzen die Autos zwischen ihren Tränen , die gleichen Tränen die sie damals hatte als sie fort wollte . Irgendwann bleibt sie stehen und sieht wo ihr Weg sie hinführt, sie bleibt stehen und schreit innerlich. Ich hasse mich , ich hasse meine Verzweiflung , ich hasse mein Leben , hasse das ich nicht normal bin , hasse den Berg. Sie schreit es im Geiste hinaus , ja sie will einfach nicht mehr . Was willst du nicht mehr fragte eine Freundin und sie konnte es sagen nein sie wollte nicht mehr und dennoch drehte sie sich um und ging schleichend zurück wissend das dies erst der Anfang war , das Gefühl ihrer Kindheit , das kälter werden und die Flucht weg. Doch diesmal sind die Türen verschlossen , verschlossen von ihr selber , selbst wenn sie es sich wünscht der Sonnenschein ist fort , er leuchtet nicht mehr und sie fragt sich ob er jemals wiederkehrt.
Die ganze Nacht hindurch steht sie auf der Brücke und springt , wird wach , steht auf , schläft ein , springt. Auch der Morgen bringt ihr nicht die nötige Erlösung. Welchen verdammt hohen Preis zahlt sie dafür wieder lieben zu können , doch was bringt ihr das alles wenn sie sich selber nicht lieben kann, nicht versteht was andere an ihr finden.
Sie müsse dadurch wenn sie lieben will , ja das will sie aber um welchen Preis, am Rande des Wahnsinns am Rande des Gefühls zu ersticken am Rande zu ihr selbst.
Warum nur , warum nur musste ihr das alles geschehen, sicher sie ist kein Einezlfall , eine von vielen und vielleicht wird auch sie ihren Weg schaffen. Du mußt den Berg hinauf , aber wie wenn sie bei jedem Schritt abrutscht und nur noch kriechend weiterkommt. Sie schaut in den Augen ihres Kindes das ihr sagt , dass sie an ihrer Art zu leben schuld ist und sie weiß das es stimmt. Es ist ihre kühle Art gewesen , sicher sie liebte dieses Kind über alles aber durch ihr beschützen wollen machte sie dies fast lebensunfähig.
Wie viel besser wären die Menschen dran die sie liebt, sie verletzt wo sie niemals verletzen wollte, sie spricht plötzlich Sätze aus von denen sie genau weiß das sie verletzen. Nie wollte sie so sein, nie wollte sie Schmerzen über einen den sie liebt bringen aber sie macht es mit jedem Satz der aus ihrem Mund kommt.
Sie erinnert sich an dem Grab auf der anderen Seite , letztes Jahr wurde es fortgemacht , sie sieht das Bild von ihm auf dem Schreibtisch und weiß das sie nicht den Mut hatte es anzufassen. Und dennoch sieht sie in immer wieder vor sich immer und immer wieder. Sie riecht ihn und sie verdammt noch mal sie spürt ihn wieder. All die kleinen Tode die sie gestorben ist, all das flehen all das weinen. In Gedanken sucht sie ihren Teddy , ballt ihre Faust aber es geht nicht vorrüber. Warum nur warum hat er ihr das angetan , warum wird sie heute noch dafür bestraft dass sie sich nicht gewehrt hat. Sicher sie war klein aber auch in den Jahren danach wehrte sie sich nicht. Sie hielt einfach still , selbst als es ärger wurde , selbst als er immer mehr wollte. Wieviele Worte kommen wieder in ihr Gedächtnis , wieviele Worte die sie nie wieder hören wollte. Nie wieder wollte sie einen Menschen lieben so wie sie ihn geliebt hat. Er war trotz allem alles für sie und sie muß nun mit dem Gefühl klar kommen das er sie zerstört hat mit jedem Mal das er seine Prinzessin liebte mit jedem Atem den sie spürte , mit jeder Ewigkeit die nie zu enden schien , mit jedem Rauschen in ihrem Ohren.
Welch hohen Preis zahlt sie für ihr persönliches Glück , welcher Mensch hat das Recht eine Seele so dermassen zu zerstören.
Auch heute noch will sie nur heraus , unfähig an etwas anderes zu denken, sie will doch nur endlich wieder fliegen und ihren Sonnenschein.
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