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Archive for 6. Juli 2008


Die Unterscheidung von Tag und Nacht viel ihr teilweise immer schwerer. Sie sehnte sich nach ihrem Bett , sehnte sich nach ihren Büchern. Sie wollte nur noch Stille , Einsamkeit , wollte alleine sein um weg zu können in ihre Welt. Dort wo sie nicht auf jedes Wort das sie aussprach aufpassen musste, es egal war was sie sagte, nicht auf der Hut sein musste. In ihren Träumen war sie mutig , setzte sich zur Wehr, fand so viele Weggefährten . Wie Aschenputtel rief sie ihre Gefährten zur Hilfe , die die bösen Geister verscheuchten , sie fröhlich und lustig machten. Irgendwann würde es für sie auch so sein, sie würde weg geholt von diesem Ort , irgendwann würde es so weit sein. Wenn Sie sich jetzt einfach ein paar Sachen nehmen würde in ihre Schultasche stecken würde und weit weit fortgehen würde. Doch wohin sollte sie gehen , wer würde sie aufnehmen. So ein Kind wie sie wollte keiner, Pa hatte ihr oft genug gesagt, sei froh dass du uns hast, deine Ma hat dafür gesorgt dass du überlebt hast. Du wärst ansonsten verhungert. Ja sie war ein undankbares Kind man hatte sie aufgenommen und wollte das sie gut in der Schule ist, wollte das sie ordentlich am Tisch saß , ihren Teller leer aß und sich vernünftig ausdrückte. Warum wehrte sie sich auch so, sie gaben sich so große Mühe mit ihr. Sie war es selber schuld wenn sie eine Ohrfeige bekam , warum war sie auch nicht in der Lage Speck zu essen, sie wußte doch dass sie nicht viel hatten und sich nicht mehr leisten konnten . Sicherlich hatte Ma recht , sie hielt die Nase zu hoch , war zu eingebildet. Vielleicht sprach darum kaum einer der Kinder in der Schule mit ihr. Esser Fresser , Mongolid , ach die da schon wieder , gröhlten die Jungs. Sie versuchte schnell an ihnen vorbei zu kommen, hoffte übersehen zu werden und flüchtete sich schnell auf ihren Baum. Ach schaut euch die wieder an , die ist doch nur doof , ich wette die kann noch nicht mal bis 5 zählen. Für sie waren Pausen eine Qual , sie konnte nicht auf ihrem Stuhl wippen , konnte nicht das war seit neuestem ihre Lieblingsbeschäftigung , mit dem Radiergummi auf ihrer Hand rubbeln. Wenn man lange genug rubbelt entstehen Blasen und irgendwann platzt die Haut auf.

Selten durfte sie mit den Mädchen Seilchen springen oder Gummitwist. Oft schaute sie vom Baum herab und dachte , warum liebt mich keiner. Du wirst es nicht wert sein, dass dich einer liebt. Ma wird wohl recht haben, ich muß erst noch richtig erzogen werden, bin ungehorsam . räume nicht ordentlich genug auf , putze nicht richtig und bin nicht fleissig genug. Sie wußte dass sie sich mehr bemühen muss , dann wäre Ma auch nicht immer wütend auf sie , warum machte sie denn auch nie was richtig. Ab morgen , ja ab morgen würde sie alles besser machen. Die Kartoffeln würde sie nicht mit dem Messer sondern mit dem Schäler schälen auch wenn dies eine Qual für sie war, die Hände verkrampften dabei immer so , doch sie würde sich anstrengen. Die Gläser würde sie so polieren , dass sie glänzen und zuerst spülen , nicht erst danach und sie würde sich beeilen , alle Aufträge zu erledigen , nicht wieder herumtrödeln und zwischendurch lesen. Ab morgen würde sie alles richtig machen.

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der Mund

Ihr ganzer Mund war entzündet, alles was sie in den Mund nahm ob flüssig oder fest tat nur noch höllisch weh. Leise sagte sie , schau mal Ma das geht nicht weg. Stell dich nicht so an. Eine Tante die später kam schaute sich den Mund an und man musste sich kümmern. Sie versuchte den bösen Blick zu ignorieren , der ihr Ma entgegenwarf , doch es gelang ihr nicht. Sie hoffte nur dass es nicht so arg werden würde, sie es vergessen würde , dass sie noch mal nachgefragt hat. Ihr Kopfhaar schmerzte noch von letzter Nacht , eigentlich war sie es gewohnt an den Haaren gerissen zu werden , war es gewohnt gegen diesen Schmerz anzugehen. Doch ihr Mund es tat so höllisch weh in der Nacht , sie konnte dadurch nicht flüchten , konnte nicht weg und musste spüren , musste es ganz bewußt ertragen. Er hatte eine neue Methode gefunden , Hals zuhalten , damit ging es schneller , sie roch den Alkohol intensiver wenn sie versuchte nach Luft zu schnappen. Kein Ton , sei still , kein Ton, komm mach schon . Doch der Mund , wie bekam sie ihren Mund wieder heil . Die Idee mit dem Urin kam von der Tante , man sollte es damit beträufeln , wäre Mundfäulnis. Das passte, sie fing an zu verfaulen von innen, vielleicht war es auch weil sie sich immer in die Wangen biss , bis alles innerlich blutete. Oft hatte sie schon die ein oder andere kleine Entzündung , jedoch noch nie so schlimm wie jetzt. Es schmerzte höllisch nachts , kaum zu ertragen. Sie musste den Urin in ein Töpfchen sammeln und mit Wattestäbchen beträufeln. Die Tante achtete peinlich darauf dass auch reichlich darauf kam. Sie würgte und würgte , es war fast so schlimm wie nachts , dieses bewußte . Sie schloss die Augen , aber es kam nichts in ihren Kopf , es gelang nicht , sie musste bleiben und erleben. Hörst du , hör auf zu träumen , das wird bald besser. Deine Ma wird das in den nächsten Tagen noch mal wiederholen, danach sollte das weg sein. Ein Blick zu ihr, danke schön Tante.

Zieh dich jetzt an , wir müssen zur Messe , oder möchtest du mich nicht begleiten ??. Doch sicher komm ich mit, sagte Sie.

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Boaaah ich reg mich richtig auf , ich weiß gar nicht wann ich das letzte Mal so wütend war. Ich habe eine verdammt harte Woche hinter mir. Die Vorwarnzeichen bestehen schon seit längerem , hatte sie wider besseren Wissens nach hinten geschoben, dachte das schaff ich schon , im Moment ist keine Zeit dafür. Die Ratschläge der Thera in den Wind geschlagen . Aber der Reihe nach.

Es sind jetzt 9 Wochen dass ich nicht mehr zur Thera gehe. In den letzten Sitzungen besprachen wir das weitere Vorgehen , das was ich mir vorstellte , wie es weitergehen sollte. Sie gab mir Unterlagen für die Klinik und fragte ob ich nicht doch Medikamente nehmen wolle. Dadurch würde es nicht so hart für mich. Ich wüsste das es harte Arbeit ist und ich es nicht verhindern könne. Ein Freund meinte ein paar Tage vorher , du machst nicht den Eindruck dass du stabil bist. Doch ich wollte es schaffen , aus eigener Kraft, ein Weg in die Zukunft , auf mich selber vertrauen.

Ganz intensiv begann ich mit Arbeitssuche , ließ meine Freunde hinter mir und startete an einem neuen Ort neu. Bitte überfordern Sie sich nicht, gönnen Sie sich Auszeiten , Sie machen jetzt schon zu viel . Sie brauchen Freiräume um arbeiten zu können, verarbeiten zu können, wenn Sie es auflaufen lassen wird es zu viel. Ich weiß noch wie ich sie anlächelte und sagte das schaff ich schon. Ich habe genug Freunde die mich zur Not auffangen.
Sie sind ein kommunikativer Mensch , der letzte Schritt fehlt nur noch , verstecken Sie sich nicht, machen Sie nicht zu.

Ich habe in den letzten 9 Wochen so ziemlich alles geschafft was ich schaffen wollte, einen Job , geregelten Tagesablauf , lernen , Wohnung einrichten , auch wenn ich hier noch nicht das , so soll es sein Gefühl habe. Doch das hat noch Zeit , wird einer meiner nächsten Schritte sein. Es war eine Kleinigkeit im Gegensatz zu dem was ich vorher hatte , was mich rückwärts gehen ließ, mich abrutschen ließ. Etwas mit dem ich früher mit einem müden Lächeln begegnet wäre, aber vielleicht auch durch eine Grippe , kippte die ganze Stabilität. Ich wehrte mich zuerst noch dagegen , aber wer sich ein wenig damit auskennt , das ist ein sinnloses Unterfangen.

Den Halt den ich in solchen Situationen sonst hatte , war mir verloren gegangen und ich schloss mich innerlich ein. Die Alpträume wuchsen , vermehrten sich , am Tag fehlte mir die Zeit zu verarbeiten am Abend die Möglichkeit zu reden. Gestern kam dann der Supergau.

Es ist 24 Jahre her , als ich beschloss aufzuhören Schmerz zu fühlen , es war damals eine mehr als kurzfristige Entscheidung , nicht geplant , zu der Zeit waren Christian und Jürgen weg und ich fühlte mich nur noch alleine. Wollte nur weg von hier , wollte der Sinnlosigkeit ein Ende setzen. Ich hatte niemals bisher Flashbacks von dieser Zeit und gestern am Bahnhof wumms, peng , . Die Kleine sass neben mir und plapperte und plapperte. Ich begann alles peinlich zu organisieren im Kopf zu überlegen wie ich was machen müsse und war der festen Überzeugung , denen geht es auf jeden Fall besser irgendwoanders als bei mir. Für mich stand fest , dass ich niemals „normal“ werden würde. Ich eh niemals sowas wie Wärme und Zuneigung empfinden würde, immer auf der Hut vor mich selber sein muss. Sicher ich habe meine Freunde , die für mich da wären , doch ich will auch nicht ständig rumjammern.

Weinen kann so dermassen reinigen, jede Stunde von damals durchlebte ich noch einmal , durchlebte den Schmerz die liebsten Menschen verloren zu haben , wußte wieder dass ich nur zu ihnen wollte, dort wo ich angenommen war , wo die Liebe auf mich wartete. Ich hatte mir einen Zettel gemacht mit den Leuten denen ich noch tschau sagen wollte , darunter dann auch den liebsten Menschen den ich habe. Er holte mich , ich weiß noch nicht mal mehr wie , aus diesem tiefen Loch heraus, doch er sagte mir auch nein ich weiß nicht was in dir vorgeht , ich kann es nicht nachvollziehen und ich kann es nicht mehr hören. Erst habe ich nur geschluckt , doch gestern abend als ich durch die Strassen ging , ich habe mich getraut durch die Massen zu gehen , kam so etwas wie Wut hoch. Diejenigen die am meisten von mir wissen , verstehen mich am wenigsten. Wieso sind wir immer wieder gezwungen uns zu erklären. Warum ist die Welt so blind , so kühl , dass wir denen schon fürchterliches widerfahren ist , auch noch unsere Aufarbeitung rechtfertigen müssen. Wir haben uns unsere zerstörte Seele nicht angetan. Es ist kein Wunder das dadurch Wortlosigkeit entsteht. Wäre die Welt offener , wäre es für vielen von uns wesentlich einfacher. Nein , Gefühle wie Schmerz , Leid, Pein , immer wieder der gleiche Film kann keiner nachempfinden , aber man kann es versuchen. Keiner von uns erwartet Mitleid und ach du Arme , sondern nur Zuhören und Akzeptieren, halten und trösten. Wenn man dies nicht von seinen engsten Vertrauten erwarten kann , ist es vorprogrammiert dass man irgendwann gar nicht mehr redet.

Eine Freundin sagte einmal , weißt du Elke wir sind eine besondere Spezies , wir sind besonders feinfühlig weil wir es lernen mussten um uns selber zu schützen , aber wir ticken halt auch nicht so wie die anderen. Das müssen wir und auch unsere Freunde begreifen.

8 Monate intensive Arbeit, 8 Monate die wie im Fluge vergangen sind, 8 Monate die mit vielen vielen Tränen verbunden waren. Ich saß gestern am Bahnhof und überlegte , warum , warum verstehen die Menschen nicht , wie das ist , wenn man immer wieder gezwungen ist , sich den Hammer auf den Finger donnern zu lassen ohne weg zu nehmen , er muss da liegen bleiben und man weiß der Schmerz wird ganz schön doll , das wird brennen , davor der Schlag war schon nicht ohne , der nächste wird heftiger. Aber OK muss sein, dann mal los. Ich glaube nicht , das die die das große Glück hatten eine normale Kindheit zu haben, ein normales Erwachsenenleben , dies durchhalten würden.
Mir sind die stärksten gefühlvollsten und herzlichsten Menschen in diesen Kreisen begegnet. Jeder mit irgendeiner Macke , aber sie kennen ihre Macken , kennt sie ein Normalsterblicher ??

Die Thera sagte, vergessen Sie über die Arbeit nicht Ihre Aufarbeitung , ich habe mich konsequent daran gehalten. Es war nicht immer einfach , zwischen lernen , planen noch Freiraum dafür im Kopf zu schaffen. Manchmal weinte ich innerlich , manchmal tobte ich wie eine Wahnsinnige. Heute stehe ich hier , teilweise mit mächtigen Kopfschmerzen die mir zeigen wieviel Wut noch in mir steckt , doch ich arbeite konsequent weiter.
Auf jeden Fall wurde ich irgendwann diese Nacht ruhiger , dachte so , warum verstehen diejenigen mit denen ich darüber rede am wenigsten. Was läuft da quer, ich lass mich doch davon nicht unterkriegen und mein alter Stolz purzelte irgendwo heraus. Du hast dich nie verbiegen lassen, eins hast du gelernt zu kämpfen für dich dein Recht für andere für das was dir richtig erscheint.

Ich weiß noch nicht welche Möglichkeiten sich öffnen werden , doch den Weg werde ich finden. Ich möchte wenn irgendwann mal ein Mädel , Junge kommt und flüstert , mit mir stimmt irgendwas nicht , ich weiß nicht weiter , was kann ich tun. Dass derjenige sich nicht verstecken muss , einen an der Hand hat , der ihn durch diesen schweren steinigen Weg leitet und ihm das Licht zur Sonne zeigt mit all seinen Möglichkeiten die ihm zur Verfügung stehen.

Ich weiß dass ich eine Begabung habe, Menschen zu motivieren , ich weiß das mir nicht nur das negative in die Wiege gelegt wurde, dass ich zu normalen Zeiten die Fröhlichkeit und gute Laune verbreiten kann, das Leben nicht als hart empfinde, sondern als lebenswert und schön. Ich sehe zu normalen Zeiten die Blumen , Schmetterlinge, Wiesen, Vögel , Brücken , Flüsse und Seen , ich freue mich über die Vielfalt in dieser Welt, die Vielfalt der Menschen , ich glaube nach wie vor an das Gute im Menschen und ich glaube auch daran dass die richtigen Menschen , Menschen wie uns erreichen können. Vielleicht muss man etwas länger suchen, verirrt sich , vertut sich , dann muss man halt weitersuchen , bis man den Kreis um sich versammelt hat um stabil seinen Weg gehen zu können.
Diese Kreise für jeden einzelnen herzustellen wird mein Ziel sein. Dass derjenige sich angenommen fühlt und weiß er ist nicht alleine , dort ist eine Hand die mit einem geht , dort ist eine Schulter an der man sich anlehnen kann und dort ist Pflaster um die Wunden heilen zu lassen.

Vielleicht musste es so sein , dass ich gestern mehr als eine Bratpfanne auf dem Kopf bekommen habe um wach zu werden , mit dem Fuß wie ein kleines Kind aufzustampfen und zu sagen, jetzt ist aber gut . Wer weiß.

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